Newsletter Februar 2016

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Gewerberaummietrecht (Schriftformverstoß auch bei unerheblicher Mieterhöhung)
Sachverhalt:
Die Mieter hatten im Jahre 2001 Räume für den Betrieb einer Zahnarztpraxis angemietet. Die Räume befanden sich ausschließlich im Erdgeschoß. Anfang Mai 2005 schlossen die Mieter mit dem Vermieter einen neuen Mietvertrag, welcher sich auch auf Räume im ersten Obergeschoß bezog. Als Vertragsende war der 30.04.2020 vereinbart, als monatliche Miete ein Betrag von 1.350 €. Knapp acht Monate nach Vertragsschluss vereinbarte der Mieter mit dem Vermieter mündlich, dass die monatliche Miete ab 01.01.2006 um 20 € auf 1.370 erhöht werde und vermerkte dies auf dem Mietvertragsexemplar. Mit Schreiben vom 26.10.2013 kündigten die Mieter das Mietverhältnis zum 31.07.2014 aus wichtigem Grund, weil die Räume nicht mehr den gestiegenen Anforderungen an den Platzbedarf der Praxis und an die Einhaltung von Hygienevorgaben entsprächen. Später kündigten die Mieter noch ordentlich unter Berufung auf einen Schriftformverstoß, da die Erhöhung der Miete um 20 € nicht in einem schriftlichen Nachtrag festgehalten wurde. Die Mieter haben Klage erhoben, mit welcher das Gericht die Beendigung des Mietverhältnisses feststellen sollte.
Entscheidung:
Der BGH hat die Sache an das Berufungsgericht zur weiteren Sachverhaltsaufklärung zurückverwiesen, jedoch ausgeführt, dass die von §§ 578 Abs. 1 und 2, 550 BGB geforderte Schriftform nur gewahrt ist, wenn sich die für den Abschluss des Vertrags notwendige Einigung über alle wesentlichen Vertragsbedingungen, insbesondere über den Mietgegenstand, die Miete sowie die Dauer und die Parteien des Mietverhältnisses, aus einer von beiden Parteien unterzeichneten Urkunde ergibt. Die Änderung der Miethöhe stellt stets eine wesentliche dem Formzwang des § 550 Satz 1 BGB unterfallende Vertragsänderung dar. Der BGH geht entgegen der überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur davon aus, dass eine nachträgliche dauerhafte Änderung der Miete stets und unabhängig von ihrer Höhe wesentlich ist und es keiner Überschreitung einer Erheblichkeitsgrenze bedarf. Der BGH begründet dies damit, dass sich etwa die Nichtzahlung selbst eines vergleichsweise geringfügigen Erhöhungsbetrags bei einem langfristigen Mietvertrag nicht nur aufsummieren und gegebenenfalls zu einem für eine Kündigung nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr.3 lit.b BGB ausreichenden Rückstand führen kann. Vielmehr kann der Verzug mit auch nur einem solchen Erhöhungsbetrag im Zusammenspiel mit anderweitigen Zahlungsrückständen des Mieters dazu führen, dass ein wichtiger Grund i.S.d. § 543 Abs. Satz Nr. 3 BGB zu bejahen ist.  Außerdem ist es nicht möglich eine feste Prozentgröße festzulegen, bis zu der eine Mietänderung nicht wesentlich ist. Das Gebot der Rechtssicherheit spricht gegen die Annahme einer Erheblichkeitsgrenze.
(BGH Urteil vom 25.11.2015 – XII ZR 114/14)
Wohnungseigentumsrecht (Anspruch auf erstmalige plangerechte Herstellung des Gemeinschaftseigentums besteht noch nach Jahrzehnten)
Sachverhalt:
Der Eigentümer K ist Partei einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Das zu der Anlage gehörende Wohngebäude wurde 1972 als Mietshaus für 18 Parteien errichtet. Bei dem Bau des Kellergeschosses wurde von den Bauplänen abgewichen. Durch die Verlegung einer Innenwand verkleinerte sich der Kellerraum Nr. 3 um eine Fläche von 3,94 m². Im Jahre 1984 erfolgte die Aufteilung in Wohnungseigentum. Für die Erstellung des Aufteilungsplans wurden die ursprünglichen Baupläne verwendet. Der Aufteilungsplan zeigt also nicht die tatsächliche Bauausführung der Kellerräume Nr. 3 und Nr. 7, sondern die ursprüngliche Planung. Im Jahr 2011 erwarb der Kläger das Sondereigentum an der Wohnung Nr. 3 sowie an dem Kellerraum Nr. 3. In einer Eigentümerversammlung im Jahre 2013 beantragte der Eigentümer K, den Kellerraum Nr. 3 in den aus dem Aufteilungsplan ersichtlichen Grenzen herzustellen. Dieser Antrag wurde von den übrigen Wohnungseigentümern mehrheitlich abgelehnt. Der Eigentümer K hat Klage erhoben.
Entscheidung:
Der BGH gibt dem Eigentümer K Recht. Er kann die plangerechte Herstellung des Kellerraumes von den übrigen Wohnungseigentümern verlangen. Der Anspruch ergibt sich aus § 21 Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 Nr. 2 WEG. Hiernach kann jeder Wohnungseigentümer von den übrigen Mitgliedern der Wohnungseigentümergemeinschaft grundsätzlich verlangen, dass das Gemeinschaftseigentums plangerecht hergestellt wird, da unter Instandsetzung auch die erstmalige Herstellung des Gemeinschaftseigentums zu verstehen ist. Beschließen die Wohnungseigentümer die plangerechte Herrichtung der Wohnanlage auf Kosten der Gemeinschaft mehrheitlich, sind die hiervon betroffenen Wohnungseigentümer zur Duldung des Umbaus verpflichtet. § 22 WEG (bauliche Veränderungen) steht dem nicht entgegen, weil die erstmalige plangerechte Herrichtung keine bauliche Veränderung im Sinne der genannten Norm darstellt. Dies gilt im Grundsatz auch dann, wenn ein Gebäude planwidrig erstellt wurde und sodann die Planwidrigkeit behoben wird. Der Herstellungsanspruch des Eigentümers K ist auch nicht verwirkt. Die übrigen Wohnungseigentümer konnte nicht darauf vertrauen, dass der fortwährende Widerspruch zwischen tatsächlicher Bauausführung und Grundbuchinhalt auch in der Zukunft von allen Seiten hingenommen werden würde.
(BGH Urteil vom 20.11.2015 – V ZR 284/14)
Wohnraummietrecht (Berliner Kappungsgrenzen-Verordnung ist rechtmäßig)
Sachverhalt:
Der Mieter hat im Jahre 2007 eine Zweizimmer-Wohnung in Berlin-Wedding angemietet. Mit Schreiben vom 11.09..2013 forderte der Vermieter den Mieter auf, ab dem 01.01.2014 einer Erhöhung der seit dem 15.12.2007 unverändert gebliebenen Nettokaltmiete um 20 % von 227,36 € auf 272,72 € monatlich zuzustimmen. Der Mieter hat den geltend gemachten Zustimmungsanspruch im ersten Rechtszug in Höhe eines Teilbetrags von 34,10 €, also in Höhe von 15%, anerkannt. Zwischen den Parteien steht im Streit, ob die am 19.05.2013 in Berlin in Kraft getretene Verordnung vom 07.05.2013 (Kappungsgrenzen-Verordnung), welche im gesamten Stadtgebiet die Kappungsgrenze für Mieterhöhungen gemäß § 558 Abs. 3 Satz 2 und 3 BGB von 20 % auf 15 % herabsetzt, wirksam ist. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Vermieter sein Begehren auf Zustimmung zu der geforderten Erhöhung der Miete um weitere 5 %, also um 11,26 € monatlich, weiter.
Entscheidung:
Der BGH gibt dem Mieter Recht. Er muss nur eine Mieterhöhung von 15 % hinnehmen, da die Berliner Kappungsgrenzen-Verordnung rechtmäßig ist. Die Zivilgerichte haben im Rahmen eines Rechtsstreits über ein Mieterhöhungsverlangen zu prüfen, ob eine von der Landesregierung erlassene Kappungsgrenzen-Verordnung den Anforderungen an die gesetzliche Ermächtigung in § 558 Abs. 3 Satz 3 BGB in Verbindung mit Satz 2 genügt und auch im Übrigen mit höherrangigem Recht in Einklang steht. Die Kappungsgrenzen-Verordnung des Landes Berlin vom 07.05.2013 (GVBl. S. 128) hält sich im Rahmen des der Landesregierung als demokratisch legitimiertem und politischem Staatsorgan von der gesetzlichen Ermächtigung in mehrfacher Hinsicht eingeräumten politischen Beurteilungs- und Gestaltungsspielraums. Dieser ist von den Fachgerichten nur beschränkt dahin überprüfbar, ob die getroffene Maßnahme den Rahmen der Zweckbindung der gesetzlichen Ermächtigung überschreitet. Die Kappungsgrenzen-Verordnung des Landes Berlin vom 07.05.2013 genügt ihrerseits den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Sie verletzt weder die Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG) noch den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) oder die Vertragsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG).
(BGH Urteil vom 04.11.2015 – VIII ZR 217/14)



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