Newsletter 2024 – NR. 04

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Wohnungseigentumsrecht (BGH, Urteil vom 09.02.2024 – V ZR 33/23)

(Bauliche Veränderung – erhöhte Terrasse nebst Zufahrtsrampe)

Sachverhalt:
Es geht um eine Streitigkeit innerhalb einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE). Die Anlage besteht aus einem drei Häuser umfassenden Gebäudekomplex. In jedem Haus befinden sich vier Wohnungen.

Nach der Teilungserklärung dürfen auf den Gartenflächen Terrassen errichtet werden. Zu jeder Wohnung gehört eine auf der Rückseite der Häuser befindliche Loggia. In den Erdgeschosswohnungen führt von der Loggia eine aus vier Stufen bestehende Treppe in den Garten. Mit Ausnahme der den Eckwohnungen zugewiesenen Gartenflächen wurden jeweils vor der Loggia der Erdgeschosswohnungen gepflasterte Terrassen errichtet.

Auf Antrag einer Wohnungseigentümerin, die Sondereigentümerin einer der Eckwohnungen ist, beschlossen die Wohnungseigentümer in einer Eigentümerversammlung, der Wohnungseigentümerin als privilegierte Maßnahme gemäß § 20 Abs. 2 WEG zu gestatten, auf der Rückseite des Gebäudes eine Rampe als barrierefreien Zugang sowie eine etwa 65 cm aufzuschüttende Terrasse zu errichten und das Doppelfenster im Wohnzimmer durch eine verschließbare Tür zu ersetzen; ggf. soll ein aus Bodenplatten bestehender Zugang zur Terrasse errichtet werden.

Ein Wohnungseigentümer hat den Beschluss angefochten, da die Anlage grundlegend umgestaltet werde.

Entscheidung:
Der BGH hält den Beschluss für rechtmäßig und hat wie folgt ausgeführt:

Beschließen die Wohnungseigentümer die Durchführung oder Gestattung einer baulichen Veränderung, die ein Wohnungseigentümer unter Berufung auf § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG verlangt, ist der Beschluss auf die Klage eines anderen Wohnungseigentümers nur für ungültig zu erklären, wenn die beschlossene Maßnahme entgegen § 20 Abs. 4 Halbs. 1 WEG die Wohnanlage grundlegend umgestaltet bzw. einen Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis gegenüber anderen unbillig benachteiligt oder der Beschluss an einem anderen (allgemeinen) Beschlussmangel leidet.

Der Gesetzgeber hat durch das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz 2020 die Vorschriften über bauliche Veränderungen in §§ 20, 21 WEG neu gefasst und grundlegend geändert. Die Neuregelung dient unter anderem dem Zweck, den baulichen Zustand von Wohnungseigentumsanlagen leichter verbessern und an sich ändernde Gebrauchsbedürfnisse der Wohnungseigentümer anpassen zu können. Nunmehr können die Wohnungseigentümer nach § 20 Abs. 1 WEG Maßnahmen, die über die ordnungsmäßige Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen (bauliche Veränderungen), jeweils mit einfacher Stimmenmehrheit beschließen. Sie müssen dabei jedoch die Grenzen des § 20 Abs. 4 Halbs. 1 WEG beachten. Danach dürfen bauliche Veränderungen, die die Wohnanlage grundlegend umgestalten oder einen Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis gegenüber anderen unbillig benachteiligen, weder beschlossen noch gestattet werden.

Der Begriff der grundlegenden Umgestaltung ist enger zu verstehen als der Begriff der Änderung der Eigenart im bisherigen Recht (vgl.BT-Drucks. 19/18791 S. 66).

Eine grundlegende Umgestaltung ist mit der beschlossenen baulichen Veränderung nicht verbunden. Da die Maßnahme der Verwirklichung des in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG aufgeführten Zwecks der Barrierefreiheit dient, müssten außergewöhnliche Umstände vorliegen, die die Annahme einer grundlegenden Umgestaltung rechtfertigten. Hieran fehlt es. Gestattet wird der Wohnungseigentümerin lediglich die Errichtung eines untergeordneten Anbaus an ein bestehendes Gebäude einer Mehrhausanlage, wobei die Errichtung einer Terrasse schon nach der Teilungserklärung erlaubt ist. Sollte die Anlage durch die bauliche Veränderung ein neues, erheblich moderneres und luxuriöseres Gepräge bekommen, wäre dies nur die Folge der mit der Maßnahme bezweckten Barrierereduzierung und müsste deshalb hingenommen werden.

Autor: Arne Carstens, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Immobilienkaufmann (IHK)




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