Newsletter 2022-Nr.8

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Wohnraummietrecht (BGH, 27.04.2022 – VIII ZR 304/21)

(Mieterwechsel in Wohngemeinschaft – Anspruch nur im Ausnahmefall)

Sachverhalt:
Mit Mietvertrag vom 19.08.2013 vermietete der Vermieter eine Wohnung mit sieben Zimmern an insgesamt sechs männliche Personen der Jahrgänge 1979 bis 1988. Mit Nachtrag 1 aus dem Februar 2017 vereinbarten der Vermieter, die damaligen Mieter und sechs weitere Personen, dass fünf der bisherigen Mieter aus dem Mietverhältnis ausscheiden und dieses mit dem verbleibenden Mieter sowie den sechs hinzukommenden Personen als Mieter fortgesetzt werde.

In einem zweiten Nachtrag wurde im Mai 2017 vereinbart, dass einer der im Februar 2017 eingetretenen Mieter wieder ausscheidet und das Mietverhältnis stattdessen mit einer neu eintretenden Person fortgesetzt wird.

Im Oktober 2019 begehrten die Mieter von dem Vermieter die Zustimmung zu einem Austausch von vier der Mieter, was der Vermieter ablehnte. Die vier Personen, die nach dem Wunsch der Mieter in das Mietverhältnis eintreten sollen, wohnen bereits im Wege eines Untermietverhältnisses anstelle der vier Mieter, die aus dem Mietverhältnis ausscheiden wollen, in der streitgegenständlichen Wohnung. Der Vermieter hat die Zustimmung verweigert.

Die Mieter haben den Vermieter auf Zustimmung zum Mieterwechsel verklagt.

Entscheidung:
Der BGH gibt dem Vermieter Recht.

Aus dem Mietvertrag ergibt sich kein Anspruch gegen den Vermieter auf Zustimmung zu einem künftigen Mieterwechsel. Hierfür bedarf es konkrete Anhaltpunkte. Allein aus dem Vorliegen eines Mietvertrags mit mehreren Mietern, die eine Wohngemeinschaft bilden, kann nicht auf einen derartigen übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien geschlossen werden.

Ein Recht zum Mieterwechsel hat für einen Vermieter nämlich im Vergleich zur gesetzlichen Lage erhebliche Nachteile. Zum einen kann sich mit dem nach und nach erfolgenden Wechsel der ursprünglich von ihm ausgewählten Vertragsparteien die Solvenz der Mieter insgesamt ändern, was für den Vermieter trotz der gesamtschuldnerischen Haftung der Mieter zu einem wirtschaftlichen Risiko führen kann. Zum anderen wird der Vermieter durch die beständige Aufnahme neuer Mieter in einen bestehenden Vertrag erheblich in der Dispositionsfreiheit bezüglich seiner Wohnung eingeschränkt. So reduzieren sich seine Möglichkeiten, die Miete zu erhöhen, im Vergleich zu einem Neuabschluss eines Mietvertrags dauerhaft.

Die Gebote der Rücksichtnahme und von Treu und Glauben verlangen dem Vermieter nicht ab, diese Nachteile hinzunehmen und dem Interesse der Mieter den Vorzug zu geben.

Nach den Umständen des Einzelfalls kann den Willenserklärungen der Parteien die Vereinbarung eines Anspruchs der Mieter auf Zustimmung zum Austausch eines Mitmieters insbesondere dann zu entnehmen sein, wenn die Vertragsparteien bei Vertragsschluss übereinstimmend davon ausgingen, dass sich häufig und in kurzen Zeitabständen ein Bedarf für eine Änderung der Zusammensetzung der in der Wohnung lebenden Personen ergeben kann, weil die Mieter voraussichtlich auf Grund ihrer persönlichen Lebensumstände bereits bei Vertragsschluss absehbar nur für einen kurzen Zeitraum an dem jeweiligen Ort leben werden und eine vertragliche Bindung über diesen Zeitraum hinaus nicht eingehen wollen. Dies kann insbesondere bei der Vermietung an Studenten, die eine Wohngemeinschaft bilden, der Fall sein.
Autor: Arne Carstens, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Immobilienkaufmann (IHK)




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