Newsletter September 2019

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Wohnraummietrecht (BGH, Urteil vom 24.04.2019 – VIII ZR 62/18) (Mieterhöhung, Ermittlung der ortsüblichen Miete bei Vergleichswohnungen)
Sachverhalt:
Die Vermieterin einer Wohnung in Görlitz begehrt eine Mieterhöhung unter Benennung von drei Vergleichswohnungen von 380,33 € auf 456,25 € (6,25 €/m²). Die Mieterin hat zunächst der Mieterhöhung auf einen Betrag von 400,77 € zugestimmt und dann widerrufen. Die Vermieterin hat auf Zustimmung zur Mieterhöhung geklagt. Das Amtsgericht hat die Mieterin verurteilt, der Erhöhung der Miete von 400,77 € auf 416,10 € (5,70 €/m²) zuzustimmen. Das Landgericht hat die Berufungen der Vermieterin und der Mieterin zurückgewiesen. Vor dem BGH verfolgt die Vermieterin ihr Zustimmungsbegehren, soweit es erfolglos geblieben ist, weiter. Die Mieterin begehrt vollständige Abweisung der Klage.
Entscheidung:
Der BGH verweist den Rechtsstreit an das Landgericht zurück, damit dieses auf der Grundlage eines neuen oder eines ergänzenden Gutachtens tragfähige Feststellungen sowohl zur Spanne der ortsüblichen Vergleichsmiete als auch zur Einzelvergleichsmiete treffen kann. Dabei ist folgendes zu berücksichtigen:
Ergibt sich auch nach Berücksichtigung der gesetzlichen Wohnwertmerkmale der vom -sachverständig beratenen- Tatrichter herangezogenen Vergleichswohnungen eine breite Streuung der für diese Wohnungen gezahlten Mieten, darf die ortsübliche Einzelvergleichsmiete nicht mit dem oberen Wert dieser Streubreite gleichgesetzt werden. Denn es ist nicht sachgerecht, eine solche breite Marktstreuung, die nicht auf den gesetzlichen Wohnwertmerkmalen beruht, einseitig dem Vermieter zu Gute kommen zu lassen. In diesen Fällen obliegt es dem Tatrichter, innerhalb dieser Streubreite die Miete zu ermitteln, die der Vermieter als ortsübliche Vergleichsmiete beanspruchen kann. Bei einer auffälligen Häufung der Vergleichsmieten um einen kleinen Wert herum mag es gerechtfertigt sein, die dadurch repräsentierte (gesamte) kleine Bandbreite als ortsübliche Vergleichsmiete anzusehen, so dass der Vermieter in einem solchen Fall die Miete bis zu dem höheren Wert dieser kleinen Bandbreite als ortsübliche Vergleichsmiete erhöhen kann. Lassen sich Besonderheiten der Verteilung der Vergleichsmieten nicht feststellen, mag es angemessen sein, auf den arithmetischen Mittelwert abzustellen.Autor: Arne Carstens, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Immobilienkaufmann (IHK)
Wohnungseigentumsrecht (BGH, Urteil vom 14.06.2019 – V ZR 254/17)
(kein Kostenersatz für irrtümliche Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums)
Sachverhalt:
Ein Wohnungseigentümer hat im Jahre 2005 die zu seiner Wohnung gehörenden alten Holzfenster auf eigene Kosten für etwa 5.500,00 € durch neue Kunststofffenster ersetzen lassen. Bereits zuvor hatten viele Wohnungseigentümer ihre Wohnungen mit modernen Kunststofffenstern ausgestattet. Die Wohnungseigentümer gingen irrtümlich aufgrund einer falschen Auslegung der Teilungserklärung übereinstimmend davon aus, dass auch eine notwendige Erneuerung der Fenster Sache der jeweiligen Sondereigentümer sei. Im Nachhinein hat der Wohnungseigentümer gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft auf Wertersatz geklagt.
Entscheidung:
Der Bundesgerichtshof gibt der Wohnungseigentümergemeinschaft Recht. Der Wohnungseigentümer hat keinen Anspruch auf Wertersatz. Nach § 21 Abs. 4 WEG kann jeder Wohnungseigentümer eine Verwaltung verlangen, die einer ordnungsmäßigen Verwaltung entspricht. Der Vorrang des § 21 Abs. 4 WEG, vor den allgemeinen Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag und des Bereicherungsrechts, schließt einen Ausgleich des Wohnungseigentümers für eigenmächtige Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum nach allgemeinen Vorschriften auch dann aus, wenn diese zwingend vorgenommen werden mussten. Gegen eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass der eigenmächtig handelnde Wohnungseigentümer keinen Ersatz seiner Kosten von den übrigen Wohnungseigentümern verlangen kann, sprechen bereits die dadurch entstehenden Abgrenzungs- und Beweisschwierigkeiten. Ein Anspruch auf Durchführung einer Instandsetzungsmaßnahme setzt nämlich voraus, dass nur ein ganz bestimmtes und sofortiges Vorgehen ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Das ist nicht schon dann der Fall, wenn der Zustand des Gemeinschaftseigentums überhaupt ein sofortiges Tätigwerden erfordert; das Ermessen der Wohnungseigentümer muss vielmehr derart reduziert sein, dass zwingend eine bestimmte Art der Instandsetzung zu ergreifen ist. Diese Voraussetzungen werden nur selten vorliegen und im Nachhinein, d.h. nach der eigenmächtig vorgenommenen Reparatur, nur schwer bzw. nur mit großem Aufwand festzustellen sein. Deshalb müssen die Wohnungseigentümer auch über eine zwingend gebotene und keinen Aufschub duldende Instandsetzungs- oder Instandhaltungsmaßnahme immer einen Beschluss fassen.

Autor: Arne Carstens, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Immobilienkaufmann (IHK)




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