Newsletter Februar 2017

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Architektenrecht (Keine Vorverlegung des Verjährungsbeginns)
Sachverhalt:
Der Betreiber eines Alten- und Pflegeheimes beabsichtigt dessen Umbau und Erweiterung. Zu diesem Zwecke beauftragte der Betreiber im Jahre 2002 einen Ingenieur. Dem Ingenieur wurden verschiedene Grundleistungen entsprechend den Leistungsphasen Ziffer 1 bis 9 HOAI übertragen. In dem vom Ingenieur gestellten Ingenieurvertrag ist folgende Klausel enthalten: „Die Verjährung beginnt mit der Abnahme der letzten nach diesem Vertrag zu erbringenden Leistung, ausgenommen ist hier ausdrücklich die LP 9 (Objektbetreuung und Dokumentation), bzw. nach Ingebrauchnahme des Gesamtobjektes.“ Im Juli 2004 erfolgte die Gesamtabnahme des Um- und Neubaus. Nach Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens verklagte der Betreiber des Pflegeheimes den Ingenieur auf einen Betrag in Höhe von etwa 230.000 €. Dieser erhebt die Einrede der Verjährung.
Entscheidung:
Der BGH gibt dem Betreiber des Pflegeheimes bezüglich der Verjährungsproblematik Recht. Gemäß § 309 Nr. 8b) ff) BGB ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Bestimmung unwirksam, durch die die Verjährung von Ansprüchen gegen den Verwender wegen eines Mangels erleichtert wird. Eine derartige unzulässige Erleichterung liegt unter anderem dann vor, wenn der Verjährungsbeginn – gemessen am vom Gesetz vorgesehenen Beginn – vorverlegt wird. Die im Ingenieurvertrag enthaltene Klausel zur Verjährung ist wegen unangemessener Benachteiligung des Pflegeheimbetreibers unwirksam. Wird ein Ingenieur mit Leistungen gemäß Leistungsphase 1 bis 9 HOAI beauftragt, hat er seine Leistungen vertragsgemäß erst erbracht, wenn auch die Leistungen gemäß Leistungsphase 9 erfüllt sind. Die streitgegenständlichen Klausel legt den Beginn der Verjährungsfrist für den Fall einer Abnahme der bis zur Leistungsphase 8 zu erbringenden Leistungen fest.

Autor: Arne Carstens, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Immobilienkaufmann (IHK)

(BGH Urteil vom 08.09.2016 – VII ZR 168/15)
Architektenrecht (Schadensersatz bei Nichteinhaltung der Baukostenobergrenze)
Sachverhalt:
Die Bauherrin wollte ein Betriebsgebäude zu einem Geschäfts- und Wohnhaus umbauen lassen. Die Bauherrin beauftragte ein Architektin mit Leistungsphasen gemäß HOAI. Als Honorar wurde der Mindestsatz der Honorarzone III vereinbart. Für die erbrachten Leistungen zahlte die Bauherrin etwa 60.000 €. Zwischen Bauherrin und Architektin ist streitig, welche Vorgaben zu den Baukosten gemacht wurden. Die Bauherrin behauptet, der Architektin sei anlässlich des ersten Planungsgespräches mitgeteilt worden, dass die Baukosten maximal 600.000 € betragen dürften, womit sich die Architektin einverstanden erklärt habe. Die Architektin behauptet, sie habe eine Baukostenschätzung übergeben, die zu erwartende Kosten in Höhe von 1,2 Million € ausgewiesen habe, welche die Bauherrin akzeptiert habe. Die Architektin fordert ein Resthonorar in Höhe von etwa 35.000 € und hat dies eingeklagt.
Entscheidung:
Der BGH weist die Sache zur neuen Verhandlung an das Berufungsgericht zurück, da noch Beweis erhoben werden muss. Inhaltlich führt der BGH aus, dass dem Auftraggeber ein Schadensersatzanspruch zustehen kann, wenn der Architekt eine mit dem Auftraggeber vereinbarte Baukostenobergrenze nicht eingehalten hat. Der Honorarberechnung dürfen maximal Baukosten in Höhe der zwischen den Vertragsparteien vereinbarten Kostenobergrenze als anrechenbare Kosten zu Grunde gelegt werden. Die Planungsleistung eines Architekten entspricht nicht der vereinbarten Beschaffenheit, wenn sie ein Bauwerk vorsieht, dessen Errichtung höhere Baukosten erfordert, als sie von den Parteien des Architektenvertrags vereinbart sind. Der Architekt ist verpflichtet, die Planungsvorgaben des Auftraggebers zu den Baukosten des Bauwerks zu beachten. Dabei muss er eine vereinbarte Baukostenobergrenze einhalten. Bestreitet der Architekt die Vereinbarung einer Baukostenobergrenze, muss der Auftraggeber, die behauptete Vereinbarung beweisen. Beruft sich der Auftraggeber auf eine Überschreitung einer vereinbarten Baukostenobergrenze, trägt er die Darlegung- und Beweislast für die von ihm behauptete Beschaffenheitsvereinbarung.

Autor: Arne Carstens, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Immobilienkaufmann (IHK)

(BGH Urteil 06.10.2016 – VII ZR 185/13)
Wohnungseigentumsrecht (Eigentumsentziehungsverfahren – Ersteher muss früherem Eigentümer den Besitz entziehen)
Sachverhalt:
Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) hat eine Eigentumswohnung ersteigert. Diese Wohnung stand ursprünglich im Eigentum der Eheleute L. Diese waren wegen Beleidigungen, Bedrohungen und einer Körperverletzung zum Nachteil eines Wohnungseigentümers sowie eines gewaltsamen Auftretens gegenüber einem Gartenbauunternehmer zur Veräußerung ihres Wohnungseigentums nach § 18 WEG verurteilt worden. Nachdem die GbR den Zuschlag im Rahmen der Zwangsversteigerung erhalten hat, wohnten die Eheleute L weiter in der Wohnung. Die Wohnungseigentümergemeinschaft verklagte die GbR darauf, dafür Sorge zu tragen, dass die Eheleute L. die Wohnungseigentumseinheit und den sonstigen Bereich des Gebäudes und des Grundstücks der Wohnungseigentumsanlage nicht mehr betreten und in sonstiger Weise nutzen.
Entscheidung:
Der BGH gibt der Wohnungseigentümergemeinschaft Recht. Der Wohnungseigentümergemeinschaft steht ein Unterlassungsanspruch aus § 15 Abs. 3 WEG zu. Diesen konnte die Wohnungseigentümergemeinschaft, nach „Ansichziehungsbeschluss“, im eigenen Namen verfolgen. Es stellt einen Verstoß gegen die in § 14 Nr. 1 WEG geregelten Pflichten dar, wenn die GbR die Nutzung durch die Eheleute L. nicht beendet, sondern ihnen den Besitz an dem Sondereigentum weiter überlässt. Dadurch werden die übrigen Wohnungseigentümer gezwungen, die Hausgemeinschaft mit dem früheren Wohnungseigentümer fortzusetzen, obwohl ihnen dieses gerade nicht zugemutet werden kann. Die Wirkungen des Entziehungsurteils werden unterlaufen. Das ist mit dem Sinn und Zweck des Entziehungsverfahrens nicht vereinbar. Dieser besteht darin, den Gemeinschaftsfrieden gegenüber einem „Störenfried“ wieder herzustellen. Das Entziehungsurteil ist für die GbR auch ohne Eintragung in das Grundbuch bindend, da gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 WEG gerichtliche Entscheidungen zu ihrer Wirksamkeit gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nicht der Eintragung in das Grundbuch bedürfen.

Autor: Arne Carstens, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Immobilienkaufmann (IHK)

(BGH Urteil vom 18.11.2016 – V ZR 221/15)



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