Newsletter 2024 – Nr.10

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Wohnungseigentumsrecht (BGH, Urteil vom 20.12.2024 – V ZR 243/23)

(Errichtung der Anlage bei steckengebliebenen Bau)

Sachverhalt:
Ein Mitglied einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) hatte von einem Bauträger eine noch zu errichtende Eigentumswohnung erworben. Das Grundstück war mit einer Abbruchimmobilie bebaut. Diese sollte durch eine – inzwischen insolvente – Generalbauunternehmerin abgerissen und ein neues Gebäude errichtet werden. Das Bauvorhaben kam bereits während der Abrissarbeiten zum Stillstand.

Ein Mitglied der GdWE hatte beantragt, die Verwalterin zu beauftragen, Angebote für die restlichen Abrissarbeiten, die Abdichtung der Nachbargiebel und die Erstellung der Ausführungspläne für das Objekt einzuholen, die Aufträge zu vergeben und die Arbeiten durchführen zu lassen sowie eine Sonderumlage zu erheben. Diese Beschlussanträge wurden auf einer Eigentümerversammlung abgelehnt.

Das Mitglied der GdWE hat eine Beschlussersetzungsklage erhoben.

Entscheidung:
Der BGH hat die Sache zur neuen Verhandlung an das Landgericht zurückverwiesen.

Der BGH hat ausgeführt, jeder Wohnungseigentümer kann im Rahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung (§ 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG) verlangen, dass das Gemeinschaftseigentum erstmals in einen der Teilungserklärung entsprechenden – mithin plangerechten – Zustand versetzt wird. Das entspricht ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung und gilt auch für die erstmalige Errichtung bzw. Fertigstellung des Gemeinschaftseigentums bei einem steckengebliebenen Bau.

Begrenzt wird der Anspruch auf erstmalige Errichtung des Gemeinschaftseigentums im Fall des steckengebliebenen Baus durch den Grundsatz von Treu und Glauben. Danach entfällt der Anspruch, wenn seine Erfüllung den übrigen Wohnungseigentümern nach den Umständen des Einzelfalls nicht zuzumuten ist.

So wird es regelmäßig für eine Unzumutbarkeit der Ersterrichtung sprechen, wenn es zu Kostensteigerungen von über 50 % des ursprünglich Kalkulierten kommt. Hierin liegt indes keine starre Grenze. Aufgrund der Umstände des Einzelfalls können schon geringere Kostensteigerungen zur Unzumutbarkeit führen. Auch wirtschaftlich sinnvolle Alternativen werden zu betrachten sein. Findet sich etwa ein Investor, der bereit ist, alle Einheiten im derzeitigen „unfertigen“ Zustand zu einem den Umständen nach angemessenen Preis abzukaufen, mag den Interessen einzelner Bauwilliger im Vergleich zu den Interessen einer verkaufswilligen Mehrheit weniger Gewicht beizumessen sein.

 

Autor: Arne Carstens, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Immobilienkaufmann (IHK)




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